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Gliederung der Bevölkerung nach demographischen Merkmalen - 7
 
 

Die Ausprägung vieler demographischer Strukturen und Prozesse polarisieren sich nach der wirtschaftlichen Entwicklung der jeweiligen Staaten und Regionen, wobei zumeist Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern gegenübergestellt werden. Dafür gibt es allerdings keine einheitliche Definition. Von der UNO, der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und der Weltbank werden zur Definition von Staatengruppen mit spezifischer Ausprägung ihrer Entwicklung bzw. von Nachteilen der Entwicklung ausgewählte Koeffizienten herangezogen, welche insbesondere für den internationalen Vergleich benutzt werden. Die wichtigsten Kriterien für die Zuordnung zu den rund 140 Entwicklungsländern der Erde, in denen ca. 80 % der Weltbevölkerung leben, die aber nur ein Fünftel der Weltwirtschaftsleistung erbringen sind:
Niedriges Pro-Kopf-Einkommen, geringe Arbeitsproduktivität, hohe Arbeitslosen- und Analphabetenquote, mangelhafte Infrastruktur, hoher Anteil der Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Abhängigkeit von Rohstoffexporten und damit vom Preisniveau des Weltmarktes; letztlich wird zumeist auch als demographisches Merkmal eine hohe Wachstumsrate der Bevölkerung eingeschlossen.
Zur genaueren Differenzierung der Entwicklungsländer führte die UNO 1970 die Bezeichnung Less developed countries (LDC, d. h. "wenig entwickelte Länder") ein, unter denen die Least developed countries (LLDC, d. h. die "am wenigsten entwickelte Länder") durch ein Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner von unter 355 $, einem Anteil der Industrieproduktion am BIP von höchstens 10 % und einer Analphabetenrate von mehr als 80 % der Bevölkerung über 15 Jahre charakterisiert sind. Nach der Energiekrise von 1973 definierte die UNO zusätzlich die Kategorie der Most seriously affected countries (MSAC, d. h. die "am schwerwiegendsten betroffene Länder"), welche neben dem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen eine hohe Verschuldung durch Preisanstieg bei wichtigen Importen und geringen Exporterlösen haben.
Daneben ist der Begriff der Entwicklungsländer auch politisch definiert, denn seit 1967 treten sie als Gruppe der 77 bei Verhandlungen in internationalen Organisationen auf. Ebenso wie die Selbstdefinition einiger Staaten als Entwicklungsland spielt diese Kategorie für den demographischen bzw. bevölkerungsgeographischen Vergleich aber eher eine untergeordnete Rolle.

Zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern sind im globalen Vergleich starke Unterschiede sowohl im Altersaufbau der Bevölkerung als auch in den Sexualproportionen zu erkennen. In den Entwicklungsländern liegt der Anteil der Kinder und Jugendlichen insgesamt bei etwa einem Drittel, in vielen Ländern (z. B. in Kenia, Mali, Äthiopien, Simbabwe, Tansania, Nicaragua und Pakistan) sogar bei weit über 40 %. Der Anteil der Alten (über 65 Jahre) liegt dagegen oft unter 5 %. Das resultiert sowohl aus hohen Geburtenzahlen als auch aus der dort noch immer geringen Lebenserwartung. Diese Relationen führen in der Darstellung der Alters- und Geschlechtsgliederung zur an der Basis erweiterten Pyramidenform. - Unabhängig von den allgemeinen Problemen in diesen Staaten entstehen für viele unterentwickelte Regionen aus dieser Altersgliederung der Bevölkerung zusätzliche Schwierigkeiten, denn die Kinder benötigen Nahrung, Kleidung, Wohnung und Ausbildung, leisten aber in der Regel selbst noch keine produktive Arbeit. Neben den allgemeinen Nachteilen im Stand der Technik und Technologie, in der Produktivität und im Lebensniveau hat die arbeitende Bevölkerung allein für ihre Kinder rein quantitativ außerordentliche Lasten zu tragen. Unter den privaten und gesellschaftlichen Aufwendungen für Kinder und Jugendliche sind die Investitionen im Bildungswesen der Entwicklungsländer besonders wichtig, denn hier sind entscheidende Vorleistungen für die Überwindung der Probleme zu erbringen. Hingegen fehlen durch die Unterbesetzung der älteren Jahrgänge oftmals genau jene Personen, die in einer Gesellschaft als Träger zu vermittelnder Erfahrungen, Traditionen und moralischer Werte nötig sind.
Die Bevölkerung der industrialisierten Regionen der Erde besteht dagegen zumeist zu weniger als einem Viertel aus Kindern und Jugendlichen, häufig liegt der Anteil sogar unter 20 Prozent (Japan und fast alle Staaten der EU, seit den 90er Jahren auch Ungarn, Tschechien, Bulgarien). Hier bewirken außerordentlich geringe Geburtenzahlen pro Frau sowie eine hohe durchschnittliche Lebenserwartung (in der EU insgesamt 77,7 Jahre, in den USA 77,9 Jahre, in Japan sogar 81,7 Jahre; Stand 1997; nach EUROSTAT) die anteilige Dominanz höherer Altersgruppen. Oft sind über 15 % der Bevölkerung älter als 65 Jahre. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die alten Menschen in den Industriestaaten nicht älter werden als die Alten in den Entwicklungsländern, sondern es werden "lediglich" mehr Menschen alt!

 
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