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Gliederung der Bevölkerung nach demographischen Merkmalen - 2
 
 

In vielen Gesellschaften sind die Sexualproportionen insgesamt oder in bestimmten Altersgruppen stark verzerrt. Das kann Ausdruck sexualspezifischer Reaktionen auf unterschiedliche Lebensverhältnisse sein, ist aber zugleich auch Ursache für daraus abgeleitete gesellschaftliche Probleme, die unterschiedliche Themenbereichen zugeordnet werden können. Das reicht von der verringerten Reproduktionschance einer Region bei fehlenden Frauen im gebärfähigen Alter bis hin zu sicherheitspolitischen Fragestellungen, wenn z. B. durch Frauenmangel Aggressions- und Kriminalitätspotentiale freigesetzt werden, welche sonst über sozialpsychologische Prozesse abgefiltert werden würden (Eigendynamik unausgewogener Gruppen). Typische Beispiele für Deformierungen der Sexualproportionen sind:

  • Frauenüberschüsse in Gebieten erhöhter Männerabwanderung und Männerüberschüsse in Gebieten erhöhter Frauenabwanderung, insbesondere infolge der Arbeitsmigration;
  • Frauenüberschüsse in den "wehrfähigen Jahrgängen" in und nach Kriegen;
  • Überschüsse männlicher Geborener nach Kriegen.

  • In Gesellschaften, in denen die Frauen erhebliche Benachteiligungen in den verschiedensten Lebensbereichen zu ertragen haben, z. B. den weitgehenden Ausschluss von medizinischer Versorgung, wie in einigen Regionen Südasiens, wirkt sich dies derart ungünstig auf ihre Lebenserwartung aus, dass sie selbst im höheren Alter unterrepräsentiert sind. Letzteres überlagert sich mit einem relativ modernen Phänomen:
    In der Tradition vieler asiatischer Kulturen (so in China, Indien und Korea) können lediglich Söhne die Linie der Familie fortsetzen und die Ahnen ehren. Das führt im Extremfall über Ultraschalldiagnosen weiblicher Föten zur selektiven Abtreibung oder direkt zum Infantizid.
    Der Altersaufbau bzw. die Altersgliederung einer Bevölkerung ist für viele Fragen der Bevölkerungsgeographie das wichtigste Merkmal, denn das Alter der Menschen korreliert mit den meisten Lebensäußerungen. Daraus können sich Rückschlüsse auf bestimmte soziale, ökonomische und demographische Probleme in einer Region ergeben. So dient das Alter beispielsweise als Arbeitsgrundlage der Raumordnung und Landesplanung, insbesondere bei der Prognose zukünftiger demographischer Entwicklungen und der davon abgeleiteten Kapazitätsbestimmung der Infrastruktur, es steht in Beziehung zu Fragen des Arbeitsmarktes, zum Umfang der Aufwendungen für Renten und Sozialleistungen. Die Altersgliederung ermöglicht zugleich Aussagen zur vollzogenen demographischen Entwicklung, denn sie bewahrt längere Zeit Ereignisse der Vergangenheit (z. B. Kriege, wirtschaftliche Notlagen, politische Umbrüche) und Entwicklungsimpulse (z. B. Wanderungen, Baby-Boom). Sie lässt sich auch als durchschnittlicher Lebenszyklus einer Bevölkerung beschreiben, denn sie gibt Aufschluss über die Geburtenhäufigkeit sowie die mittlere Lebenserwartung.

     
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