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Andere wirtschaftliche Merkmale der Bevölkerung kennzeichnen eher die Besitzverhältnisse, die Produktivität oder den Grad der Arbeitsteilung, also den Charakter der jeweiligen Volkswirtschaft. Sie werden in anderen Bereichen der Geographie tiefer behandelt und sollen darum an dieser Stelle nur erwähnt werden:
das erwirtschaftete Bruttosozialprodukt (z. B. in US-$) je Einwohner,
die Besitz- und Einkommensverteilung (z. B. in Form der LORENZ-Kurve dargestellt; siehe auch Abb. - Wohlstandsverteilung der Bevölkerung),
der Anteil der Selbständigen bzw. der abhängig Beschäftigten.
Diese Problembereiche scheinen die demographischen Strukturen und Prozesse allerdings immer stärker zu dominieren. So stellte James Wolfensohn, der Präsident der Weltbank, in seinem Bericht an die 10. UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) am 16. Februar 2000 fest, dass 1,2 Md. Menschen derzeit in tiefster Not leben, und dass fast die Hälfte der Weltbevölkerung über weniger als zwei Dollar täglich verfügt.
Wohlstandsverteilung der Bevölkerung 1993 in den Ländern der BRD vor 1990
Quelle: SCHÜSSLER, BUSLEI, LANG 1999,
Damit ist das Gegenteil des Wohlstandes angesprochen, die Armut. Sicher ist Armut relativ, insbesondere wenn die allgemeinen Lebensverhältnisse von unterschiedlichen Kulturen zugrunde gelegt werden. Immerhin leben viele von Armut betroffene Menschen in Mitteleuropa sicherer und materiell besser, als mancher Mittelständler in Indien, dennoch ist Armut zumeist ein Indiz für die wirtschaftliche und zugleich soziale Position von Menschen. Ihre Beziehung zu anderen Themenbereichen, die von den Bevölkerungswissenschaften bearbeitet werden, ist vielfältig.
So stellte HAUSER (1997, S. 55) mit Blick auf Deutschland die tendenziellen engen Beziehungen der Armut zu "unvollständigen Familien" und zur Arbeitslosigkeit fest. Hinsichtlich der räumlichen Differenzierung wird für die Länder der ehemaligen Bundesrepublik eine leichte, doch signifikante Zunahme der Ungleichheit sowohl bei Arbeitnehmern als auch bei Unternehmern konstatiert. Hingegen ist das Wohlstandsgefälle bzw. die ökonomische Ungleichheit im Osten Deutschlands geringer, da dort einerseits die Armut durch höhere Frauenbeschäftigung abgefedert wird (ebenda, S. 79 ff), andererseits durch die fehlende Kapitalakkumulation kaum wirklich reiche Leute wohnen.
Genau genommen gab es Schieflagen in den existenziellen Bedingungen der Menschen schon immer und überall, wo Privateigentum gesellschaftliche Entscheidungen dominiert, aber einerseits haben sich die Dimensionen verändert, andererseits haben sich selbst für die Ärmsten der Welt einige Rahmenbedingungen verändert. Während in vor- und frühindustriellen Gesellschaften gut situierte Familien häufig allein schon darum eine höhere demographische Reproduktionsrate hatten, weil sie ihren Kindern eine bessere soziale Sicherheit und damit eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit bieten konnten, hat sich dieses Verhältnis in der postindustriellen Gesellschaft mit ihren Wohlfahrtssystemen beinahe umgekehrt: Vielfach haben heute die Armen und Mittellosen den größten Kinderreichtum (vgl. auch WEISS 2000a, S. 157 ff). Dieser Zusammenhang besteht nicht nur zeitlinear innerhalb der einzelnen Länder nach deren jeweiliger Stellung in der historischen Entwicklung der ökonomischen Verhältnisse, sondern auch zeitparallel zwischen den einzelnen Gesellschaften.
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