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Wirtschaftliche Strukturmerkmale der Bevölkerung - 3
 
 

Der Zeitraum der klassischen Entwicklung von der vorindustriellen Zeit über die Etappe der ausgeprägten Industriegesellschaft bis in die postindustrielle Phase wird in diesem Modell zwar nicht exakt datiert, aber mit etwa 200 Jahren angenommen. Viele regionale und globale Prozesse stehen insbesondere in einer engen zeitlichen Beziehung zu den Aussagen dieses Ansatzes und lassen sich damit anschaulich beschreiben.
Es ist sehr schwierig, das FOURASTIÉ-Modell auf jene Staaten zu übertragen, deren Industrialisierung staatsplanwirtschaftlich erfolgte, da die regionalen Besonderheiten, unterschiedlichen Ausgangsbedingungen, die spezielle Einbindung in die globale Arbeitsteilung, politische und wirtschaftliche Fremdbestimmung u. a. nicht berücksichtigt werden können.
Die Entwicklungsländer sind allerdings selten in das Modell einpaßbar, denn oftmals "umgehen" sie den FOURASTIÉ-Zyklus, indem sie ein zum Teil beschleunigtes Anwachsen des Dienstleistungssektors erfahren, ohne zwischenzeitlich eine eigene Industriearbeiterschaft zu entwickeln. In einigen bisher sehr schwach industrialisierten Ländern dominieren dabei die sog. minderwertigen Dienstleistungen. Ihre personelle Quelle ist zumeist der informelle Sektor.
Eine Alternative Darstellung zur üblichen Anwendung des FOURASTIÉ-Modells lässt zugleich den geographischen Vergleich zu.

Entwicklung der Beschäftigungsstruktur unterschiedlicher Länder nach Wirtschaftssektoren

Quelle: BÄHR 1983, S. 143, nach BOBEK 1968, verändert und ergänzt

Der Dienstleistungssektor stellt heute auch in den Industriestaaten die meisten Arbeitsplätze, was allerdings nicht heißt, dass damit die industrielle Produktion an Bedeutung verloren hat. Der materielle Reichtum einer Gesellschaft wird nach wie vor nur durch materielle Produktion erzeugt. Allerdings wächst die Bedeutung der dieser Produktion vor- bzw. nachgelagerten Arbeit. Das macht dann auch den Charakter der modernen Industriestaaten aus: Bei einer ungeheuren Arbeitsproduktivität in der materiellen Produktion produzieren immer weniger Menschen immer mehr Waren.

 
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