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Die Erwerbsquote, die offizielle Angabe des Anteils der Erwerbspersonen an der Bevölkerung eines Raumes, ist eines der einfachsten und zugleich statistisch leicht zugänglichen Merkmale der wirtschaftlichen Struktur der Bevölkerung eines Raumes. Sie gibt den Anteil der Bevölkerung an, der aktiv in den Produktions- und Wertschöpfungsprozess eingebunden ist, sowie derer, die vorübergehend aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind. Die Struktur der Erwerbsbevölkerung nach Qualifikation, Alter, Geschlecht, Tätigkeit nach Branchen oder Wirtschaftsbereich usw. bildet die ökonomische Entwicklung einer Gesellschaft ab. Zur vollständigen Charakterisierung dieser Ökonomie eines Raumes gehört aber auch das Komplementär der im Erwerb befindlichen Personen, welche sich ebenfalls nach unterschiedlichen Kriterien differenzieren lassen. Sie werden im allgemeinen als Nichterwerbspersonen bezeichnet und gliedern sich im wesentlichen nach der Form ihrer Abhängigkeit (Rentenbezug, Unterhalt durch Eltern oder Ehepartner, Stipendien usw.).
Ein besonderes Problem bei der Klassifikation der Bevölkerung nach ihrer Stellung zum Erwerb ist die international nicht einheitliche Definition der Arbeitslosigkeit. Die Einbeziehung der Arbeitslosen in die Gruppe der Erwerbspersonen erfolgt in Deutschland z. B. nur so lange, wie der Bezug von Zuwendungen über das Arbeitsamt erfolgt. In Ländern, wo eine derartige Unterstützung nicht organisiert ist, muss das Problem der Arbeitslosigkeit bei einem statistischen Vergleich dementsprechend anders behandelt werden.
Dabei ist allerdings auch das Problem der versteckten Arbeitslosigkeit zu beachten. Auch im internationalen Vergleich gibt es viele mögliche Fehlerquellen, welche in zahlreichen Entwicklungsländern insbesondere auf die Art des statistischen Umgangs mit Angehörigen des sog. informellen Sektors zurückzuführen ist. Darunter werden traditionelle und ungeschützte Bereiche der Wirtschaft verstanden. Sie sind durch arbeitsintensive Produktion gekennzeichnet, durch einfache Techniken, geringe berufliche Qualifikation, kleine Betriebsgrößen, Verarbeitung einheimischer Rohstoffe, Fehlen von arbeits- und sozialrechtlichem Schutz, schlechte Bezahlung und schlechte Arbeitsbedingungen. Der informelle Sektor ist im weiteren Sinn ein Teil der Schattenwirtschaft. Nach offiziellen Angaben nimmt er in vielen Entwicklungsländern einen ganz erheblichen, wenn nicht sogar den dominierenden Anteil an der Produktion bzw. der Beschäftigung ein.
In den osteuropäischen Ländern sind die Arbeitsverhältnisse spätestens seit dem Systemwechsel einer starken Entrechtlichung und Zurückdrängung sozialer Sicherungsmechanismen unterworfen. Eine dem informellen Sektor entsprechende "zweite" Wirtschaft, die nicht erst seit 1989 von Bedeutung ist, fängt zumindest einen Teil der verarmten und ausgestoßenen wenigstens einigermaßen auf. Doch auch für die entwickelten Industrieländer westlicher Prägung erlangt das Konzept der informellen Arbeitsbeziehungen zunehmend an Bedeutung. Es steht in engem Zusammenhang mit der Neuordnung der internationalen Arbeitsteilung im modernen Globalisierungsprozess sowie der "Wiederkehr der Informalität in den Zentren" der Weltwirtschaft. Auch von offizieller Seite wird dem wachsenden Beitrag informalisierter Tätigkeiten zum Sozialprodukt mittlerweile immer mehr Beachtung geschenkt. Im Zusammenhang mit dem Um- bzw. Abbau sozial- und wohlfahrtsstaatlicher Einrichtungen werden informelle Tätigkeiten auch in ihrer reproduktiven Bedeutung wahrgenommen, obgleich Tätigkeiten, die z. B. in den häuslichen Bereich übertragen werden, wegen mangelhafter sozialer Absicherung und vielfacher Aussparung aus den Lohnkostenkalküls statistisch nicht erfassbar sind. Alles in allem sind also in globaler Sicht seit den 1980er Jahren die regulierten, sozialrechtlich abgesicherten Arbeitsverhältnisse weltweit so gut wie überall im Rückzug begriffen. (KOMLOSY et al 1997, S. 9 f.)
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