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Gliederung der Bevölkerung nach biologischen Merkmalen - 3
 
 

Viele Übergänge und Vermischungen mit unterschiedlicher Dominanz von Erbanlagen führen bei unterschiedlichen taxonomischen Ansätzen letztlich zu einer verwirrenden Anzahl von Typen und Untertypen, so dass je nach Zählart bis zu 120 Untergruppen ausgewiesen werden.
Wie alle biologischen Gruppen sind auch die Menschenrassen einer ständigen Veränderung unterworfen. Es gibt keinen seriösen Hinweis darauf, dass es jemals sogenannte "reine Rassen" gegeben hat, wie sie in der Rassenideologie eine große Rolle spielen (insbesondere wenn unter "rein" gleich "sauber" verstanden werden soll). Allerdings erwecken einige Klassifikationen diesen Anschein, zumindest aber suggerieren sie eine Wertung, wenn man zwar die drei Großrassen ausweist, alle anderen Gruppen aber als Altschichtrassen, Kontakt- und Übergangsrassen sowie Neuzeitliche Mischformen abstuft.

Stammbaum der Rassen

Die moderne Anthropologie unterscheidet auch beim Menschen genotypische (z. B. Blutgruppen) und phänotypische Merkmale (Unterschiede in der Erscheinung infolge der Lebensumstände, z. B. Hautfärbung nach Reizung durch UV-Licht, Fettleibigkeit durch Fehlernährung). Sie rückt auch immer stärker vom Begriff der Rasse ab. In Deutschland wird zumeist nur noch von "typologischen Kategorien" gesprochen, was hier allerdings eher als Reaktion auf den Missbrauch der Anthropologie durch den Faschismus zu verstehen ist, genauer: Die Wissenschaft schützt sich vor dem Verdacht des Rassismus. Zugleich weicht sie damit Diskussionen aus, die als eine Art "biologistische Falle" den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt behindern können, denn die Bezeichnung kann auf genotypische und phänotypische Merkmale gleichermaßen angewendet werden.
Somit rückt die moderne Anthropologie heute immer stärker von der Untersuchung morphologischer und physiognomischer Erscheinungen ab und wendet sich der Untersuchung der genetischen Struktur zu. Dass es dabei zu Parallelitäten zwischen beiden Arbeitsrichtungen kommt, ist nicht verwunderlich, denn letztlich ist ja - bis auf äußere Einflüsse - die gesamte Körperlichkeit des Menschen genetisch determiniert.
Genetische Analysen können aber auch historische Momente und Rückkopplungen mit dem Milieu aufdecken, wenn die genetische Entwicklung z. B. konkrete Ereignisse widerspiegelt. So findet sich die Ausbreitung des neolithischen Ackerbaus in Europa in der genetischen Differenzierung der Europäer wieder. Dass dabei die "Landkarte der ersten Hauptkomponente des genetische Tableaus der Europäer" aus 95 untersuchten Genen, dem sogenannten "Rückgrat der Genetik Europas"(Karte A), Korrelationen zu physiognomischen Merkmalen enthält, insbesondere zur Verteilung der Blonden in Europa, bestätigt die obige Bemerkung. Die zweite Hauptkomponente der Gene Europas korreliert mit einer eher physiologischen Eigenschaft - der Angepasstheit an das Klima (Karte B). Erst die dritte Hauptkomponente korreliert dominant mit sozialen Momenten, denn sie reflektiert die Ausbreitung der indoeuropäischen Sprachen.(Karte C)

Karte A
Karte der ersten Hauptkomponente der Gene in Europa (bei 95 Genen;1993: sie zeigt die Expansion der ersten neolithischen Ackerbauern vom Mittleren Osten aus. Diese stellt das Rückgrat der Genetik Europas dar.

Karte B
Karte der zweiten Hauptkomponente der Gene in Europa (bei 95 Genen;1993: sie zeigt einen Gradienten von Nord nach Süd: eine Anpassung ans Klima, begleitet oder möglicherweise verursachtvon der (durch die)Ausbreitung der Sibirier mit uralischer Sprache bis in den äußersten Norden Europas

Die Anpassung an das Klima korreliert mit der Ausbreitung der Sibirier mit uralischen Sprachen bis in den äußersten Norden Europas.
nach: CAVALLI-SFORZA 1999, S. 131; leicht verändert

Karte C
Karte der dritten Hauptkomponente der Gene in Europa (bei 95 Genen; neue Version, von Piazza und Koll.,1995): sie zeigt eine Expansion, die von der Kurgan-Region ausgeht, laut Mirjia Gimbutas die Ursprungsregion der indoeuropäischen Sprachen

Die vom Kurgan-Gebiet ausgehende Expansion begleitet die Ausbreitung der indoeuropöischen Sprachen.
nach: CAVALLI-SFORZA 1999, S. 133; leicht verändert
 
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