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Soziale Strukturmerkmale der Bevölkerung - 4
 
 

Wie viele andere Merkmale ist auch der Bildungsstand bzw. die Qualifikation als Variable nur in Verbindung mit anderen Eigenschaften der Population bzw. der Individuen richtig zu interpretieren. Das wird besonders deutlich, wenn die Bildung ins Verhältnis zum jeweiligen Beruf der Probanden gesetzt wird .


Das Hauptthema im internationalen Vergleich ist vornehmlich der in weiten Teilen der Welt ausgeprägte Analphabetismus . Noch 1970 lag der globale Anteil der Analphabeten bei der Bevölkerung über 15 Jahre bei über einem Drittel. Dieser Wert geht weltweit deutlich zurück, so dass im Jahr 2000 nur noch etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung nicht lesen und schreiben konnte. Unter Beachtung des Bevölkerungswachstums hat sich die Anzahl der Analphabeten aber seit 1980 kaum verringert; sie beträgt noch immer rund 885 Millionen.
Die Analphabeten-Quote sank von 1970 zu 2000 in Asien von 49,1 % auf 24,9 % und in Afrika von 71,6 % auf 40,3 % (UNESCO 2001). Fast zwei Drittel der Analphabeten auf der Erde sind Frauen. Damit sind genau jene Personen bereits vom untersten Einstieg in jede Form von Aufgeklärtheit ausgespart, die über eine bewusste Geburtenplanung einen wesentlichen Anteil bei der Bewältigung der Bevölkerungsprobleme insbesondere in den Entwicklungsländern leisten könnten.

Analphabetenrate der Bevölkerung über 15 Jahre ( % )

UNESCO 2001

Analphabetismus ist nicht nur ein Problem unterentwickelter Regionen der Erde. Auch in Deutschland können drei Millionen Menschen vor allem infolge einer nur unzureichenden Schulbildung nicht lesen und schreiben. Jährlich verlassen ca. 75 000 Schüler eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss. Das sind immerhin 9 % eines Schuljahrgangs (KRAMER 1997). Allerdings ist nicht immer das auf dem jeweiligen Bildungsweg erreichbare Niveau der Fähigkeiten und Kenntnisse oder ein Straucheln auf diesem Weg entscheidend. Vielfach sind es auch anlagebedingte Stufen der Oligophrenie, welche seitens der Psychologie als Debilität (noch schulbildungsfähig), Imbizilität (nicht mehr schulbildungsfähig, jedoch noch bildungsfähig mit besonderer Förderung) sowie Idiotie (bildungsunfähig, allerdings noch förderfähig; der Begriff wird wegen seiner abwertenden umgangssprachlichen Bedeutung fachlich durch "schwerste geistige Behinderung" ersetzt) bezeichnet werden (CLAUS 1981, S. 429f). In Deutschland sind davon pro Schuljahrgang mindestens 2,5 % bis 2,8 % aller Kinder betroffen (BAUDISCH, WINTER 1989). Die Förderung von Kindern mit geistigen Behinderungen in besonderen schulischen Einrichtungen geht hier auf das Jahr 1816 zurück (WEISS 2000a, S. 21) .
Nach Talent und Anlage differenzierte Bildungsangebote sind ein wichtiger Indikator zur Charakterisierung der Qualität einer Bildungslandschaft.

 
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