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Ausgewählte Migrationen in der Neuzeit - Überseeische Wanderungen - 1 | |
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Die im folgenden angesprochenen Beispiele stehen zumeist in enger Beziehung zu Ereignissen, welche nicht nur auf das bevölkerungsgeographische Problem "Migration" zu reduzieren sind. Unterschiedliche Ursachen und Anlässe sowie differenzierte Beteiligungen an den Migrationen und nicht zuletzt die verschiedenen Auswirkungen von Wanderungsprozessen auf die Quell- und die Zielgebiete zeigen, dass Wanderungen sehr komplexe Vorgänge sind. Darum ist es zuweilen nicht einfach, ein Teilthema zu platzieren. So könnten z. B. die bekannten Rentnerstädte (retirement towns) in Florida, Kalifornien und Arizona sowohl unter dem Aspekt der Altersstruktur, als auch hinsichtlich der Mortalität behandelt werden. Seitens der Migration sind sie wegen der außerordentlichen Selektivität des Wanderungsverhaltens interessant. Ähnlich geht es vielen anderen Wanderungen, denen jeweils mindestens eine Besonderheit zugewiesen werden kann.
Unter den großen Wanderungen der jüngeren Geschichte nimmt die Auswanderung von Europa insbesondere nach Amerika einen besonderen Platz ein. Sie ist nicht nur besonders facettenreich, sondern nimmt auch hinsichtlich des Umfanges unter allen bekannten Wanderungen eine besondere Stellung ein, denn sie umfasste etwa 40 Prozent des Bevölkerungswachstums während der demographischen Transition auf dem alten Kontinent (BÄHR 1983, S. 309). Sie ist u. a. ein Beispiel für religiös motivierte Wanderungen, z. B. der Puritaner (Pilgrim Fathers) oder der Amischen Alter Ordnung (vgl. VOSSEN 1994). Sie ist aber auch ein Beispiel für frühe Formen jener Wanderungen, die heute eher als politisch motiviert gelten würden und statistisch unter "Asyl" zu zählen wären, wenn allein nur jene gemeint sind, die Europa auf der Flucht vor spätfeudalistischer Fron und Leibeigenschaft verlassen haben. Nicht zuletzt die vermeintlichen "unbegrenzten Möglichkeiten", welche zunächst in der Zeit des "Goldrausches" weltweit recht diffuse Hoffnungen weckten, die später unter dem Motto "Vom Tellerwäscher zum Millionär" mit Rockefeller auch einen ganz konkreten Namen bekamen, lösten ökonomisch motivierte Migrationen aus, die in der bisherigen Geschichte ohne Beispiel waren. Das gilt auch für die psychologische Dimension, denn die Wanderung "über den großen Teich" war - im Unterschied zu noch so fernen Zielen innerhalb Europas - zumeist endgültig. Sklaven aus Afrika
![]() Quelle: HABEL et al. 1967, S. 255 Insgesamt sind im 19. und 20. Jahrhundert in mehreren Wellen bei wechselnden Hauptgebieten der Herkunft etwa 45 Millionen Europäer nach Nordamerika, 18 Millionen nach Südamerika und weitere 7 Millionen nach Australien, Südafrika und Mittelamerika ausgewandert (WEBER 1976, Seite 66). Von den nach Nordamerika ausgewanderten Europäern entfielen allein in der Zeit der statistischen Zählung von 1820 bis 1998 über 38 Millionen auf die USA, d. h. über 59 % aller Einwanderer der USA kamen in dieser Zeit direkt aus Europa. Unter jenen Einwanderern waren die Deutschen (7 156 257) am zahlreichsten, gefolgt von den Briten (5 247 821), Italienern (5 431 454), Iren (4 779 998), Russen (3 830 033, einschließlich der nichtrussischen Sowjetbürger in der Zeit der UdSSR), Österreichern (1 842 722), Ungaren (1 675 324) und Schweden (1 257 133). Auch die aus den amerikanischen Nachbarstaaten Mexiko (5 819 966) und Kanada (4 453 149) in die USA eingewanderten Personen dürften zum großen Teil europäischer Abstammung sein. Aus allen anderen, einschließlich der außereuropäischen Staaten kamen zumeist deutlich weniger als 1 000 000 Menschen. Zu jenen europäischen Völkern, die im Verhältnis zu ihrer eigenen Größe im gesamten Zeitraum 1820-1998 besonders viele Personen an die USA verloren, gehören mit 369 046 Emigranten auch die Schweizer (U.S. Immigration and Naturalization Service 2000, S. 22). |
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