| ! |
Ausgewählte Migrationen in der Neuzeit - Immigration und Arbeitsmigration in Europa an ausgewählten Beispielen - 1 | |
| Der modernere Prozess der Arbeitswanderungen nach Deutschland begann ab Mitte der 1950er Jahre. Vorher fand bis zum Zweiten Weltkrieg vornehmlich Saisonarbeit durch polnische Landarbeiter (Schnitter) statt. Durch die Nachkriegsverhältnisse war diese Quelle der westdeutschen Wirtschaft verschlossen. Dafür kamen zunächst Italiener, die als Saisonarbeiter in der süddeutschen Landwirtschaft Beschäftigung fanden. Die rechtlichen Grundlagen hierfür waren mit dem Anwerbevertrag mit Italien aus dem Jahre 1955 gegeben (Römische Verträge, die schließlich zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft führten). Bis zu diesem Zeitpunkt gab es in Deutschland knapp 80 000 ausländische sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, von denen etwa 9,3 % aus Italien kamen. Bereits 1958 kamen fast 100 000 Beschäftigte aus dem Ausland, von denen fast 19 % Italiener waren. Die Dominanz der Italiener hält in der gesamten ersten Wanderungswelle an, deren Höhepunkt im Sommer 1966 mit 1,3 Millionen Gastarbeitern erreicht war und erst durch die wirtschaftliche Rezession 1966/67 gestoppt wurde. Infolge dieser ökonomischen Entwicklung kam es kurzfristig sogar zur Remigration. Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer geht bis Januar 1968 auf 0,9 Millionen zurück, die Ausländerquote (Anteil der beschäftigten ausländischen Arbeitnehmer an der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer in Prozent) fiel von 7 % im Sommer 1966 auf 4,6 % im Januar 1968. (RUPPERT 1982, S. 51) Remigrationsgründe türkischer Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland
Quelle: ZENTRUM FÜR TÜRKEISTUDIEN 1992, S. 3 Mindestens eine Generation später lebten in Deutschland über 7,3 Millionen Ausländer (31. Dezember 1998); die größten Gruppen sind Türken (2,11 Millionen - einschließlich der Kurden mit türkischem Pass), Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien (719 000), Italiener (612 000), Griechen (364 000), Polen (284 000), Kroaten (209 000); 303 000 Afrikaner, 796 000 Asiaten und 110 000 US-Amerikaner. Österreicher (185 000) und Schweizer (37 000) sind vergleichsweise schwach vertreten. Sprachkompetenz der zweiten Generation von Einwanderern in Deutschland nach Staatsangehörigkeit in Form der Bewertung nach äquivalenten Schulleistungen
![]() Bewertungsmaßstab: 1=sehr gut; 2=gut; 3=befriedigend Quelle: MAMMEY 2001, S. 17. Der Unterschied zwischen Türken und Italienern könnte in der unterschiedlichen kulturellen Distanz gegenüber den Einheimischen erklärt werden, wobei kulturell-religiöse Konstanten seitens der Türken eine höhere Barriere zu unterstellen ist (MAMMEY 2001, S. 17). Wenn man dagegen ins Verhältnis setzt, wie schlecht mancher Deutsche seine eigene Muttersprache beherrscht, wird das Kriterium Sprachkompetenz als Argument zur Abwehr allochtoner Bevölkerung zunehmend fragwürdig. Von letzterem unabhängig ist dringend zu klären, in welcher Form der in der Realität bereits vollzogenen Integration vieler "Fremder" politisch Rechnung getragen werden kann. Das könnte zwar für alle mit der gleichen rechtlichen Regelung entschieden werden, doch gleiches Recht ist - wie auch bei anderen Themen - nur dann gerecht, wenn alle gleich sind. Es ist aber gerade die Heterogenität der Betreffenden, die zur Bedächtigkeit in der Diskussionen um die Einwanderung, Integration, die (zweite) Staatsbürgerschaft und die Einbürgerung mahnt. Somit dürfte dieses Thema - trotz zwischenzeitlicher Regelungen - auch für die nächsten Jahrzehnte genug Stoff zur Diskussion geben. |
||
| ! |
|
|