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Ausgewählte Migrationen in der Neuzeit - Ausgewählte planmäßige Be- und Umsiedlungen - 2
 
 

Die politische Funktion und damit auch die Planmäßigkeit dieser Siedlungsentwicklung ist offensichtlich, denn eigentlich ist die israelische Gesellschaft mit einer Agrarquote von nur etwa 3 % und einer Stadtbevölkerung von 91 % hoch urbanisiert. Die Siedlungspolitik Israels ist aber auch ein Weg, die enormen jährlichen Einwanderungen zu bewältigen. Insbesondere nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es zu Immigrationen, die nicht nur in ihrem Verlauf stark an die innerdeutschen Wanderungen zwischen Ost und West erinnern, sondern bezüglich der Permanenz und vor allem unter Beachtung der Wanderungsraten dürften sie zu den weltweit bedeutendsten gehören. Allein die von 1989 bis August 2001 eingewanderten 1 082 071 Personen entsprechen über 22 % der heutigen jüdischen Bevölkerung des Landes !

Einwanderungen nach Israel von 1989 bis 2000
Quelle: Israel Ministry of Immigrant Absorption (Generalkonsulat des Staates Israel in Berlin, 2001)

Auch die Zuwanderung nach Israel wird von wirtschaftlichen Interessen und politischen Krisen beeinflusst, was bei Differenzierung der Immigranten nach den Quellgebieten zu erkennen ist, denn 85 % aller Immigranten der Dekade 1989 bis 1998 kamen aus den UdSSR-Nachfolgerstaaten (auch bei asiatischer Herkunft sind sie in diesem Fall zum europäischen Teil gerechnet) sowie aus Äthiopien, auf das 89 % der Einwanderer aus Afrika entfallen .

Einwanderungen nach Israel in der Dekade 1989 bis 1998 nach Kontinenten

Quelle: Israel Central Bureau of Statistics (Generalkonsulat des Staates Israel in Berlin, 2001)

Unabhängig von den politischen und historischen Hintergründen ist die heutige Situation Israels aus demographischer Sicht äußerst zwiespältig. Während die offizielle Statistik für das Jahr 2000 etwa 6 286 600 Einwohner ausweist, darunter 4 912 500 Juden (etwa 78,1 %), rechnen staatsnahe Organisationen in Israel zumeist die Flächen und Einwohner bestimmter annektierter bzw. zeitweilig besetzter Gebiete mit ein oder legen territoriale Ansprüche nach unterschiedlich ausgelegten religiösen Texten zugrunde. Danach leben in Israel nicht nur rund 4,9 Millionen Juden, sondern auch 4,8 Millionen Araber, also insgesamt etwa 9,7 Millionen Menschen.
Die Abhängigkeit Israels von jüdischen Einwanderungen ist für den Staat lebenswichtig, denn trotz stark religiöser Haltung ist die Fertilität der meisten Juden in Israel kaum höher als in anderen hoch entwickelten Industrieländern. Dem steht die Entwicklung der arabischen Bevölkerung mit der momentan wohl höchsten Wachstumsrate eines Volkes infolge natürlicher Bevölkerungsbewegungen gegenüber. Im arabischen Gaza liegt das Wachstum bei 5 % pro Jahr, wogegen das prognostizierte Wachstum Israels mit 3,5 % bereits die geplanten Einwanderungen der nächsten Dekaden mit einschließt. Somit werden sich nach Einschätzung des Israelischen Zentralbüros für Statistik die ethnischen Gewichte im Lande bis 2020 erheblich verschieben. Den dann etwa 6,4 Millionen Juden mit hohem Durchschnittsalter dürften 8,8 Millionen Araber gegenüber stehen. Wahrscheinlich werden die Palästinenser dann vom Durchschnittsalter her das mit Abstand jüngste Volk der Welt sein.

 
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