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Ausblick auf die künftige Bevölkerungsentwicklung - 2
 
 

In aktuelleren Berechnungen des IIASA, in denen wiederum wahrscheinlichkeitstheoretische Algorithmen zur Anwendung kamen und auf der UN-Statistik der Revision 2000 aufgebaut wurde, sind UN-Annahmen von 1998 zum Ende des Wachstums bestätigt worden (LUTZ et al. 2001, S. 543). Mit einer Wahrscheinlichkeit von 85 % wird der globale Bevölkerungshöchststand danach noch vor 2100 erreicht werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass bis zum Jahr 2100 die Weltbevölkerung nicht mehr als 10 Milliarden beträgt, liegt bei 60 %, und mit 15 % Wahrscheinlichkeit könnten zum Ende des 21. Jahrhunderts sogar weniger Menschen leben, als heute! Für die Annahme dieser Schrumpfung wurden ebenfalls Wahrscheinlichkeiten ermittelt, die für ausgewählte Regionen und die Welt insgesamt wiedergegeben sind.

Wahrscheinlichkeit der Abnahme der Bevölkerung nach Regionen

Quelle: LUTZ et al. 2001, S. 543

KEILMAN (2001, S. 490 f) kommentiert die Berechnungen des IIASA mit einem Vergleich der Ergebnisse der Prognosen des US National Research Council (NRC), welcher nach einer etwas anderen Berechnungsmethode zu folgenden Ergebnissen gelangt: Ebenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % wird die Weltbevölkerung im Jahre 2050 zwischen 7,9 Milliarden und 10,9 Milliarden Menschen betragen.
Regionale Unterschiede in der Dynamik der Entwicklung werden auch bei einer differenzierten Betrachtung nach Staaten sichtbar. Ein solcher länderweiser Vergleich der Einwohnerzahlen der bevölkerungsreichsten Staaten der Erde wurde vom U.S. Census Bureau veröffentlicht, dass auf der Grundlage des International Data Base eine Rangliste erstellte. Ab dem Jahr 2000 sind die Länderwerte Ergebnis von Prognosen, die wie beim IIASA auf der UN-Statistik (Revision 2000) aufbauen . In dieser Rangliste sind v. a. zwei Sachverhalte interessant: Erstens übernehmen nach und nach diverse Entwicklungsländer die vormals führenden Plätze entwickelter Industriestaaten, und zweitens verändern sich auch innerhalb der Entwicklungsländer die Rangplätze, und zwar in Folge unterschiedlicher Strategien der Geburtenkontrolle bzw. Familienplanung, wie insbesondere am Platzwechsel von China und Indien zu erkennen ist.

Die jeweils bevölkerungsreichsten Staaten der Erde in ihrer Reihenfolge 1970 bis 2050

Ab 2000 Prognose der UNO Source: U.S. Census Bureau, International Data Base.

Unabhängig davon, welchen konkreten Weg die Bevölkerungsentwicklung in den Entwicklungsländern nehmen wird, kann sich allein durch die Verschiebung der demographischen Potentiale auf der Erde zu Ungunsten der Industrienationen das globale Wohlstandsgefälle vergrößern. Gerade in den ärmsten Ländern bleibt das Wirtschaftswachstum deutlich hinter dem Bevölkerungswachstum zurück. In Afrika südlich der Sahara stehen heute pro Kopf der Bevölkerung schätzungsweise nur 70 % der Nahrungsmittel zur Verfügung wie 1960, obgleich sich deren Produktion seitdem mehr als verdoppelt hat!
Damit bekommt die Frage nach der demographischen Tragfähigkeit der Erde eine neue Orientierung. Sie wird regionalisiert und ist auf die Dichte gerichtet, in der eine bestimmte Bevölkerung je Fläche leben kann, ohne dass sie ihre Lebensgrundlage nachhaltig schädigt. Eine solche Definition ist Ausdruck des ökologischen Denkens, das in dieser Form erst in den 1970er Jahren in den Sozialwissenschaften Resonanz fand. Auf die tägliche Praxis gerichtet, stellt sich die Frage allerdings viel einfacher: Wird die künftige Weltbevölkerung den mittleren Lebensstandard des heutigen Äthiopien oder den Deutschlands haben (KROSS 1999, S.13)?

 
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